Ursprünglich 1951 für Kinder gegründet, die dem Holocaust entkommen waren, hat sich das Kinderdorf im Laufe der letzten Jahrzehnte zu einem Ort für sozial benachteiligte und traumatisierte Kinder und Jugendliche entwickelt. Familiäre oder äussere Gewalt, Verwahrlosung, Krieg - jedes Kind, das in Kiriat Yearim ankommt, hat bereits einen beschwerlichen Lebensweg hinter sich.
Das Kinderdorf bietet den Kindern und Jugendlichen für drei bis sechs Jahre ein Zuhause mit festen Tagesstrukturen und emotionalem Rückhalt. Hier werden sie liebevoll betreut, schulisch gefördert und therapeutisch begleitet. Zentraler Grundsatz ist die Förderung von Selbstverantwortung, Toleranz und Gemeinschaftssinn.
Eines der Hauptziele ist es, den Jugendlichen berufliche Perspektiven zu bieten. Voraussetzung dazu ist ein erfolgreicher Schulabschluss. Viele der hier betreuten Kinder haben zwar zuvor bereits eine Schule besucht, doch die meisten kämpfen mit grossen Lern- und Konzentrationsschwierigkeiten.
Schule und Unterricht
Die Schule in Kiriat Yearim ist auf sechs Jahre ausgelegt und umfasst die Stufen 7-12. Das Ziel der schulischen Ausbildung ist es, einen vollwertigen Schulabschluss oder ein Matrikulationsdiplom mit technischem Schwerpunkt zu erlangen. Ergänzend werden durch das «Heznek»-Programm erste grundlegende Qualifikationen für eine spätere Berufslehre vermittelt.
Dabei steht im Vordergrund, jeder Schülerin und jedem Schüler seine ganz persönlichen Erfolgserlebnisse zu ermöglichen, Selbstverantwortung, Sozialkompetenz und Selbstvertrauen zu fördern, bestehende Wissens- und Lernlücken in der Ausbildung zu schliessen und die nötigen schulischen Fähigkeiten zu vermitteln.
Neben den Hauptschulfächern werden auch jüdische Kultur sowie Technik und Wissenschaft unterrichtet. Ergänzend werden Workshops zu den unterschiedlichsten Fertigkeiten wie zum Beispiel Werken, Schmuckgestaltung, Landwirtschaft, Kunst, Modedesign usw. angeboten.
Die Schule verfügt über zehn Klassenzimmer, die ein Lernen auf eine moderne und den aktuellen Anforderungen der Gesellschaft entsprechende Art und Weise ermöglichen.
«Instrumental Enrichment» und begleitende Therapieangebote
Die Schulung der Kinder basiert auf der von Professor Ruben Feuerstein entwickelten und weltweit angewandten Methode des «Instrumental Enrichment». Die Kinder werden dabei in wie auch ausserhalb der Schule mit viel menschlicher Wärme und einem breiten Therapieangebot begleitet. Im dorfeigenen Therapiezentrum werden u.a. Mal- und Musiktherapie, Körpertherapie, Alexandertechnik, Spiel- und Gesprächstherapie angeboten.
Zusammenleben und Infrastruktur
Die Kinder leben in Gruppen (bis zu 16 Schüler) zusammen, auf sechs Schlafhäuser verteilt. Sie werden von GruppenleiterInnen («Madrichim») betreut, die den ganzen Tag für sie da sind. Jedes Kind findet so den passenden Rahmen für seine persönliche Entwicklung.
Neben den Madrichim kümmern sich auch die Dorfleitung, die Lehrpersonen und die Therapeuten intensiv um die Kinder und Jugendlichen. Zur Infrastruktur des Dorfes zählen Schulhaus, Mehrzweckhalle «Bet Helen», Synagoge, Bibliothek, Krankenstation, Therapiezentrum, Speisesaal sowie Büros und Wohnungen für die Mitarbeitenden.
Freizeitgestaltung
Die Freizeitgestaltung ausserhalb der Schule ist ein wichtiger Bestandteil des Dorflebens. Es wird grosser Wert darauf gelegt, dass die Kinder auch in ihrer Freizeit eine intensive Betreuung geniessen.
Die Aktivitäten sind abwechslungsreich und stets auf das individuelle Potenzial des einzelnen Kindes ausgerichtet. Das breitgefächerte Angebot in den Bereichen Musik, Sport, Werken, Theater, Hundetraining, Tanzen oder Pfadfinderei wird rege genutzt.
Der Streichelzoo und die Landwirtschaft
Eine der zentralen Einrichtungen im Kinderdorf – insbesondere im Hinblick auf die therapeutische Arbeit – ist die Farm. Dort können Werte wie Verantwortung oder die Wertschätzung von Arbeit vermittelt werden. Gleichzeitig ist die Farm ein Ort des sozialen Austausches unter den Kindern selbst wie auch zwischen den Kindern und ihren Betreuern. Der Farmbetrieb umfasst drei Bereiche:
- Streichelzoo
- Landwirtschaft
- Gartenarbeit
Die Schüler arbeiten vier Stunden pro Woche in einem dieser Bereiche und können am Schluss ein Examen in Landwirtschaft ablegen. Zudem können sie auf dem dorfeigenen Bauernhof die von den Hochschulen geforderte Freiwilligenarbeit leisten. Gute Schülerinnen und Schüler erhalten die Chance, einen Traktor-Führerschein zu erwerben.